Rekrutierungsbericht

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Rekrutierungsbericht

Eine Übersicht über das Vorgehen zeigt die Abbildung 1 im Anhang. Die Rekrutierung der AGBe-Mitglieder in TRANSENS war von Beginn an als gestuftes Verfahren zur Selektion von 15±2 Personen geplant und fand daher über eine Methodenkombination statt. Der erste Schritt bestand darin, am Ende der Befragung[1] zum Thema Vertrauen (N = 5‘029) die Möglichkeit zur Mitarbeit in der von TRANSENS geplanten AGBe anzubieten. Nach Erläuterung der Rahmenbedingungen konnten die Teilnehmenden ihr Interesse bekunden.

 

Online-Fragebogen

Es war die Absicht, die AGBe gemischt zu besetzen, jedoch so homogen, dass eine Kommunikation zwischen den Mitgliedern leicht möglich ist, um Reibungsverluste zu verringern. An 703 interessierte Personen wurde daher ein zweiter Online-Fragebogen verschickt. Es wurden diverse Fragen zu Teamfähigkeit und zur Persönlichkeit gestellt (siehe Box 1 im Anhang) sowie ein „Motivationsschreiben“ verlangt, in welchem die Teilnehmenden kurz darlegen sollten, weshalb sie interessiert sind und wie sie sich ihren Beitrag in der AGBe vorstellen.

Aus dem zweiten Fragebogen konnten Daten von 181 Personen statistisch (Items) und qualitativ (Motivationstexte) ausgewertet werden. Mittels Clusteranalyse über die Items zu Teamfähigkeit, Werten und technischem Interesse konnten fünf unterschiedliche Cluster unterschieden werden. Die Cluster 1 bis 3 zeigten interessante Profile bzgl. der eingesetzten Items und Skalen (d.h. hohe Werte bei Teamfähigkeit etc.). Die Auswertung der Motivationstexte erfolgte durch Bewertung nach Ampelsystem. Dazu haben zwei Personen unabhängig voneinander die Texte beurteilt und nach grün, gelb oder rot klassifiziert, je nachdem, wie sinnvoll oder passend sie für die zugedachte Aufgabe erschienen. Grün bedeutete dabei „möglicherweise für die AGBe geeignet“. Als Resultat wurden 66 (Bewerter 1) bzw. 64 (Bewerter 2) Motivationstexte grün gefärbt. Die Schnittmenge zwischen beiden Bewertern ergab 49 Motivationstexte (~75% Übereinstimmung). Im weiteren Verfahren wurden nur diese 49 Fälle berücksichtigt. Interessant war, dass sämtliche grünen Motivationstexte in den Clustern 1 bis 3 zu finden waren. Cluster 4 und 5 boten keine, skurrile oder nur rudimentäre Texte.

Da aus zeitlichen und organisatorischen Gründen nicht alle 49 Personen für ein Interview eingeladen werden konnten, wurde eine Obergrenze von Interviews gesetzt. Es sollte eine Auswahl von 30 Personen mit als ‚grün‘ bewerteten Texten und ‚gutem Profil‘ getroffen werden. Geschlecht und Alter sowie Bildungshintergrund wurden dabei außerdem berücksichtigt, um ein ausgewogenes Team zu erhalten.[2]

Online-Interviews

Durch persönliche Interviews (per Zoom) wollte sich das Rekrutierungsteam ein besseres Bild von den ausgewählten Personen machen. Das Ziel war, aus 30 Interviewkandidaten und -kandidatinnen 15±2 Personen auszuwählen. Um einen ähnlichen Ablauf der Interviews zu gewährleisten, wurde ein Interviewleitfaden konstruiert[3], der die folgenden Elemente umfasste:

  • Fragen zum persönlichen Hintergrund (5-7 Minuten)
  • Allgemeines zum Thema Endlagerung (5 Minuten)
  • Fragen zum Projekt und zum Verlauf (7-10 Minuten)
  • Fragen der Person an TRANSENS (5-7 Minuten)

Es konnten Interviews mit 28 Personen realisiert werden. Die Interviews wurden im Zeitraum 18.06.2020 bis 07.07.2020 geführt, in der Regel von drei (teilweise von 2) Personen. Die individuellen Eindrücke wurden bzgl. Gesamteindruck, Kooperationsfähigkeit, Teamfähigkeit und Kommunikationsstil (während des Interviews) verglichen und diskutiert. Jedem Kandidaten/jeder Kandidatin wurde letztlich ein definitiver Wert zugewiesen.

 

Ziele und Aufgaben

TRANSENS ist transdisziplinär angelegt, was bedeutet, dass Forschungsfragen gemeinsam durch Forschende (akademische Wissenschaft) und Bürgern und Bürgerinnen bearbeitet werden. Unter Umständen entsteht durch diese gemeinsame Arbeit auch Neues (co-design), etwa was Forschungsfragen und – ansätze, aber auch Forschungsergebnisse (co-production) betrifft.

Dabei gibt es zwei Perspektiven auf einen kollaborativen Prozess. Die des Prozesseigners, der bestimmt, wer weshalb und wie beteiligt wird (in diesem Fall die Wissenschaft mit TRANSENS) und die andere, der Gruppe (die AGBe), die beteiligt wird (Krütli, Stauffacher, Flüeler & Scholz, 2010).

In einer gemeinsam erarbeiteten Arbeitsgrundlage wurde mit der AGBe geregelt, wie sich die gemeinsame, gegenseitig befruchtende Arbeit in den kommenden Jahren gestaltet werden soll

 

(Mit)Arbeit und Funktion der AGBe

Für die Arbeitsgrundlage der AGBe, ihr Selbstverständnis sowie für eine Ziel- und Kontextanalyse (Benighaus, Wachinger & Renn, 2017) müssen die Aufgaben und Ziele seitens TRANSENS für die Mitglieder definiert werden. In der TRANSENS-Vorhabenbeschreibung wurden diverse Ziele und Erwartungen formuliert.

Das Thema Vertrauen spielt bei der Arbeit mit der AGBe die Hauptrolle: Wie kann ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Bevölkerung und Forschenden hergestellt werden, welche Faktoren spielen dabei eine Rolle? Unsicherheit ist ein wesentlicher Aspekt bei der Endlagerforschung und wird gemeinsam mit der AGBe behandelt, insbesondere bzgl. der Auswirkungen auf Vertrauen. Rückholung und Monitoring sind Themen, bei denen Vertrauen und Unsicherheit exemplarisch bearbeitet werden. Zum Aufgabenspektrum der AGBe gehört auch, dass sie Bedeutung und Umfang von Unsicherheiten und Ungewissheiten der technisch-naturwissenschaftlichen Analyse aus der Bevölkerungsperspektive beurteilt und unterschiedliche Formen wissenschaftlicher Kommunikation bewertet. Als weiteres Beispiel erfordert die Dosisabschätzung Annahmen über zukünftige Klima-, Nutzungs-, Lebens- und Verzehrgewohnheiten. Für die ferne Zukunft sind diese Annahmen mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Einfluss und Wahrnehmung dieser Unsicherheiten sollen mit der AGBe beraten werden. Zudem wird die AGBe beim Thema Umweltüberwachung einbezogen, wo es um die Erarbeitung eines Programms zur Beteiligung von Betroffenen an Datenerhebung und Auswertung zur Umweltüberwachung geht. Die AGBe soll auch beim Thema Safety Case an mindestens zwei Veranstaltungen teilnehmen und sich mit den Grundlagen des Safety Case-Konzeptes auseinandersetzen und Meinungen, Kritiken, Wünsche und Empfehlungen formulieren.

 

Fazit und Ausblick

Am Ende des hier zusammengefassten Verfahrens wurden 17 Personen als sehr geeignet bewertet und ausgewählt. Dabei ist zu betonen, dass grundsätzlich alle 28 interviewten Personen als geeignet eingestuft wurden, in TRANSENS mitzuarbeiten. Der mehrstufige und kriterienbasierte Auswahlprozess über eine große Online-Befragung hat sich somit als sinnhaft und zielführend erwiesen. Kriterien wie Alter, Geschlecht und Bildung führten schließlich zur endgültigen Auswahl der 17 AGBe-Mitglieder, um die Überrepräsentanz von Teilgruppen zu vermeiden. Die konstituierende Sitzung wie auch die Arbeitstagungen im November 2020 und die Workshops im März 2021 konnten zudem erfolgreich unter Einbezug der AGBe durchgeführt werden. Bisher hat sich die Auswahl der AGBe-Mitglieder folglich als richtig erwiesen. Der Projektalltag wird mit der Zeit die Handlungsfähigkeit und Funktionalität der AGBe im Projektalltag zeigen. Bisher hat sich die AGBe sehr engagiert gezeigt und durch den Willen ausgezeichnet, kritisch Stellung zu nehmen sowie Beteiligung und Informationen einzufordern.

 

Veröffentlicht von:

Roman Seidl, Cord Drögemüller, Pius Krütli, Clemens Walther

Für weitere Informationen stehen Ihnen Roman Seidl (seidl@irs.uni-hannover.de) und Cord Drögemüller (droegemueller@irs.uni-hannover.de) gerne zur Verfügung. 

 

Literaturverzeichnis

Benighaus, C., Wachinger, G. & Renn, O. (2017).Bürgerbeteiligung. Konzepte und Lösungswege für die Praxis. Frankfurt am Main: Wolfgang Metzner Verlag. Verfügbar unter: ebookcentral.proquest.com/lib/gbv/detail.action

Buss, D. M. & Craik, K. H. (1983). Contemporary Worldviews: Personal and Policy Implications12.Journal of Applied Social Psychology, 13(3), 259–280. doi.org/10.1111/j.1559-1816.1983.tb01739.x

Funtowicz, S. O. & Ravetz, J. R. (1993). Science for the post-normal age.Futures, 25(7), 739–755. doi.org/10.1016/0016-3287(93)90022-L

Krütli, P., Stauffacher, M., Flüeler, T. & Scholz, R. W. (2010). Functional‐dynamic public participation in technological decision‐making: site selection processes of nuclear waste repositories. Journal of Risk Research, 13(7), 861–875. doi.org/10.1080/13669871003703252

Lang, D. S. (2008).Soziale Kompetenz und Persönlichkeit. Zusammenhänge zwischen sozialer Kompetenz und den Big Five der Persönlichkeit bei jungen Erwachsenen. Dissertation. Universität Koblenz-Landau, Landau. Verfügbar unter: hbz.opus.hbz-nrw.de/opus45-kola/files/264/SozialeKompetenzundPersoenlichkeit.pdf

Neyer, F. J., Felber, J. & Gebhardt, C. (2016).Kurzskala Technikbereitschaft (TB, technology commitment): Zusammenstellung sozialwissenschaftlicher Items und Skalen (ZIS).

Porst, R., Prüfer, P. & Pfeffer, C. (2008).PIAAC Runde 1. doi.org/10.17173/pretest59

Prüfer, P. & Porst, R. (2010).Entwicklung einer Standardbatterie zur Erfassung psychologischer Merkmale in sozialwissenschaftlichen Umfragen.

Rohrmann, B. (1978). Empirische Studien zur Entwicklung von Antwortskalen für die sozialwissenschaftliche Forschung.Zeitschrift für Sozialpsychologie, 9(3), 222–245.

Schmidt, P., Bamberg, S., Davidov, E., Herrmann, J. & Schwartz, S. H. (2007). Die Messung von Werten mit dem “Portraits Value Questionnaire”.Zeitschrift für Sozialpsychologie, 38(4), 261–275. doi.org/10.1024/0044-3514.38.4.261

Siegrist, M. (1999). A Causal Model Explaining the Perception and Acceptance of Gene Technology.Journal of Applied Social Psychology, 29(10), 2093–2106. doi.org/10.1111/j.1559-1816.1999.tb02297.x

 

Komponenten im zweiten Fragebogen

 
  • Erfahrung mit Bürgerinitiative oder gemeinnütziger/ehrenamtlicher Tätigkeit.
  • Interesse: gesellschaftliche Entscheidungsprozesse, technische Probleme.
  • Weltsicht (technokratisch vs. sozial): Items nach Buss und Craik (1983), deutsch nach Siegrist (1999).
  • Eine Skala von Neyer, Felber und Gebhardt (2016): Kurzskala Technikbereitschaft (TB, technology commitment).
  • Gruppenarbeit: (Porst, Prüfer & Pfeffer, 2008, S. 59; Rohrmann, 1978).
  • Sozialkompetenzen nach Lang (2008).
  • Geduld: Wir fragten außerdem, ob die Teilnehmenden sich im Allgemeinen als sehr ungeduldig oder sehr geduldig bezeichnen würden, nach Prüfer und Porst (2010).
  • Zeitliche Verfügbarkeit.
  • Offene Frage „einige Sätze zur persönlichen Motivation und den Zielen in der AGBe“ (Motivationstexte)
  • Vier Items aus dem “Portraits Value Questionnaire”, deutsche Version nach Schmidt, Bamberg, Davidov, Herrmann und Schwartz (2007), um die Wichtigkeit bestimmter Werte abzufragen.
 

Box 1: Die abgefragten Konzepte im zweiten Online-Fragebogen, der an die interessierten TN der ersten Befragung gesend

 


[1] Es wurde auf ein Panel der Marketingfirma respondi (www.respondi.com) zurückgegriffen, die auch bestimmte Quoten berücksichtigt, etwa zu Altersgruppen, Bildung und Geschlecht. Die Befragung wurde mittels Online-Survey-Tool Unipark/Questback (https://www.unipark.com) implementiert.

[2] Die Ergebnisse der Analysen können in der Langfassung des Berichts eingesehen werden.

[3] Der gesamte Leitfaden mit den Teilfragen befindet sich im Anhang der Langversion.