Transdisziplinaritätsforschung

Transdisziplinaritätsforschung

Die Transdisziplinaritätsforschung (TD-Forschung) ist eine begleitende Forschung und untersucht die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Gesellschaft in TRANSENS auf übergeordneter Ebene. Zentrale Fragen sind, wie erstens ein transdisziplinärer Forschungsprozess gestaltet werden soll und zweitens welcher ‚Mehrwert‘ gegenüber interdisziplinärer Forschung (also ohne Beteiligung von Nicht-Spezialisten) geschaffen werden kann. Das TdLab der ETH Zürich konzeptioniert und leitet die TD-Forschung. Eine Übersicht zur Transdisziplinaritätsforschung gibt folgendes Booklet.

Verantwortlich: Dr. Pius Krütli (ETH Zürich, TdLab)

  • Die Entsorgung von hochradioaktiven Abfällen im geologischen Untergrund und die damit verbundene Standortsuche in Deutschland ist ein seit über 50 Jahren anhaltendes Vorhaben. Zu den technischen Herausforderungen des Endlagers kamen zunehmend gesellschaftliche Anforderungen hinzu. Die Standortsuche entwickelte sich somit zu einem Problem, in dem technische als auch gesellschaftliche Fragestellungen betrachtet werden müssen.

    Das Standortauswahlgesetz (StandAG) schreibt vor, die Bevölkerung bei der Suche und der Auswahl eines Endlagerstandortes einzubeziehen. Die Weiterentwicklung von Verfahren zur Beteiligung der Öffentlichkeit ist auch über die gesetzlich geregelten Mindestanforderungen hinaus erwünscht (§5 StandAG). Hier setzt das Projekt TRANSENS an. Dieses bietet ein Experimentierfeld auf dem Wissenschaftler*innen und Vertreter*innen aus der Gesellschaft (z.B. Bürger*innen, Personen von Behörden, Verbänden, Nichtregierungsorganisationen) das Entsorgungsproblem gemeinsam untersuchen. Dadurch werden unterschiedliche Perspektiven, Interessen, Erfahrungen und Wissensbestände in die Forschung einbezogen. Ein solcher Forschungsansatz ermöglicht, gemeinsam an einer Lösung des Entsorgungsproblems zu forschen. Ziel ist es, die bestmöglichen Techniken und die gesellschaftlichen Anforderungen (z. B. ein faires Standortsuchverfahren) zu verknüpfen. Damit soll eine robuste Lösung erreicht werden, die den Vorstellungen und Bedenken der Bevölkerung Rechnung trägt. Diese Art der Zusammenarbeit wird als transdisziplinäre Forschung bezeichnet. Diese Forschung erfolgt in den TAP (transdisziplinäre Arbeitspakete, d.h. DIPROHAFFSAFETRUST).

    Im Gegensatz dazu untersucht die Transdisziplinaritätsforschung diese Zusammenarbeit von Wissenschaft und Gesellschaft auf übergeordneter Ebene. Das heißt, sie untersucht wie (a) transdisziplinäre Forschung funktioniert, (b) welchen Mehrwert diese erzielen kann gegenüber klassischen Forschungsansätzen und (c) welchen Beitrag sie leisten kann zur Lösung des nuklearen Entsorgungsproblems. Außerdem gibt die Transdisziplinaritätsforschung den Wissenschaftler*innen in den TAP Methoden und Werkzeuge an die Hand, um die Zusammenarbeit zu gestalten. Die Erfahrungen werden kontinuierlich gesammelt und mit den Wissenschaftler*innen diskutiert, um Verbesserungen in der Zusammenarbeit vornehmen zu können.

    Ziele der Transdisziplinaritätsforschung sind:

    • die Entwicklung von neuem Wissen und Lösungsansätzen zu verfolgen und zu verstehen;
    • den Nutzen der Zusammenarbeit für das Entsorgungsproblem zu bestimmen;
    • Wissenschaftler*innen bei der Zusammenarbeit mit Vertreter*innen aus der Gesellschaft zu unterstützen.

    Fragestellungen der Transdisziplinaritätsforschung sind:

    • Welches neue Wissen entsteht durch die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft?
    • Kann das Wissen einen Beitrag zur Lösung des nuklearen Entsorgungsproblems leisten?
    • Welcher Mehrwert entsteht durch diese Zusammenarbeit im Vergleich zur bisherigen rein disziplinären oder interdisziplinären Forschung ohne Vertreter*innen aus der Gesellschaft?
    • Welche Nachteile und Grenzen sind mit der Zusammenarbeit verbunden?
    • Welche Formen der Zusammenarbeit eignen sich (z. B. Art des Workshops, Methoden)?
    • Welche Auswirkungen hat die Zusammenarbeit auf die beteiligten Vertreter*innen der Gesellschaft, die Wissenschaftler*innen und die Forschung?
  • Das TdLab der ETH Zürich führt die Transdisziplinaritätsforschung zusammen mit dem Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) des KIT und dem Forschungszentrum für Nachhaltigkeit (FFN) der FU Berlin durch. Diese Gruppe von Wissenschaftler*innen, verstärkt durch Forschende des Instituts für Radioökologie und Strahlenschutz der Leibnitz Universität Hannover (IRS-LUH), stellt das sogenannte BegleitTeam.TD dar.

    Die folgende Graphik zeigt wie die beteiligten Gruppen im Projekt TRANSENS zueinander stehen und zusammenarbeiten. "Vertreter*innen der Gesellschaft" arbeiten mit den Wissenschaftler*innen zusammen. Diese beiden Gruppen betreiben gemeinsam "transdisziplinäre (td) Forschung" mit je eigenen Themenschwerpunkten in den TAP. Das BegleitTeam.TD untersucht diese Zusammenarbeit, um Erkenntnisse und Erfahrungen zu ermitteln ("Transdisziplinaritätsforschung"). Außerdem wird durch regelmäßige Reflexion diese Zusammenarbeit kritisch betrachtet und mögliche Verbesserungen diskutiert.

    Das TdLab führt ergänzend Trainings und Beratung mit und für die erwähnten Gruppen durch (Support).

    Transdisziplinäre Forschung vs. Transdisziplinaritätsforschung

    Transdisziplinäre Forschung bedeutet, dass zu den Themenkorridoren der transdisziplinären Arbeitspakete (TAP) unter Einbeziehung von staatlichen, privatwirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen geforscht wird.

    Die Transdisziplinaritätsforschung reflektiert TAP-übergreifend die transdisziplinären Forschungsprozesse und fasst diese synthetisch zusammen. Außerdem unterstützt sie die transdisziplinäre Projektgestaltung und befasst sich mit der F&E von transdisziplinären Tools.

     

    Den Flyer können Sie hier laden.

  • Die Transdisziplinaritätsforschung teilt sich einerseits in die Untersuchung der Zusammenarbeit, wozu auch die regelmäßige Reflexion gehört, und andererseits in die Unterstützung (Support) zu transdisziplinären Grundlagen auf. Den Support zählen wir streng genommen nicht zur Transdisziplinaritätsforschung, da hier nicht geforscht wird. Dieser beinhaltet Trainings zur Gestaltung der Zusammenarbeit und die Beratung zu transdisziplinären Themen.

       

      Die Transdisziplinaritätsforschung besteht aus einer Analyse (mit regelmässiger Reflexion) und einer darauf aufbauenden Synthese. Ziel der Synthese ist es, Schlussfolgerungen für die Lösung des Entsorgungsproblems herauszuarbeiten. Die Analyse umfasst drei Untersuchungsfelder:

      1. "Wissensproduktion" soll klären, welches neue Wissen durch die Zusammenarbeit zwischen Forschenden und Beteiligten der Gesellschaft (= transdisziplinäre Forschung) entsteht.
      2. "Impact auf Forschende" untersucht die Auswirkungen der Zusammenarbeit auf die Wissenschaftler*innen als auch die Veränderungen in der Forschungsarbeit.
      3. "Impact auf Teilnehmende" untersucht die Auswirkungen der Zusammenarbeit auf die Vertreter*innen der Gesellschaft (z. B. Veränderungen der Ansichten, Werte, Wahrnehmungen, Anforderungen an die Entsorgung).

      Im Fokus der anschließenden Synthese stehen drei Bereiche:

      1. Die "transdisziplinäre Umsetzung", welche das Vorgehen im Projekt bezüglich transdisziplinärer Eigenschaften untersucht und den Nutzen und ggf. Schwierigkeiten des Einbezugs von Vertreter*innen aus der Gesellschaft bewertet.
      2. In "Methoden und Tools" werden die Formen der Zusammenarbeit (z. B. Art des Workshops, Fokusgruppen, etc.) und eingesetzte Werkzeuge (z. B. Visualisierungen, digitale Techniken, Kreativitätstechniken) hinsichtlich ihrer Eignung beurteilt.
      3. "Nuklearer Entsorgungskontext" umfasst die Schlussfolgerungen, welche für die Problemlösung der Entsorgung gezogen werden können (unter Berücksichtigung der aktuellen öffentlichen Diskussion).

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