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Sicherheit angesichts von Ungewissheit - Eckhardt

Ungewissheiten im Safety Case

Der Anspruch, den das deutsche Recht an die Entsorgung hochradioaktiver Abfälle stellt, ist hoch. Die Verordnung über Sicherheitsanforderungen und vorläufige Sicherheitsuntersuchungen für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle sieht einen Bewertungszeitraum von einer Million Jahre für ein verschlossenes Endlager in tiefen geologischen Formationen vor.

Das Endlager soll gewährleisten, dass Menschen dauerhaft vor schädlichen Auswirkungen der ionisierenden Strahlung geschützt werden, die von hochradioaktiven Abfällen ausgeht. Gestaffelte Sicherheitsbarrieren sollen dem Austreten von Radionukliden in die Biosphäre aber auch dem Eindringen von Menschen in ein verschlossenes Endlager entgegenwirken. 
Auf dem Entsorgungspfad, der vom Beginn des Standortauswahlverfahrens bis zur Stilllegung des Endlagers führt, wird die Einhaltung der Sicherheitsanforderungen mehrfach an-hand von Sicherheitsberichten – im internationalen Sprachgebrauch Safety Cases – überprüft. Die Gestaltung eines Safety Case richtet sich unter anderem daran aus, welcher Entscheidung er zugrunde gelegt werden soll. Beispiele für solche Entscheidungen sind, einen Untersuchungsraum im Standortauswahlverfahren weiter zu verfolgen oder eine Betriebsgenehmigung zu erteilen. Auf dem Entsorgungspfad verändert sich auch der Umgang mit Ungewissheiten im Safety Case. Durch die Konkretisierung des Endlagerprojekts und wachsenden Erkenntnisgewinn werden Ungewissheiten abgebaut. Aufgrund neuer wissen-schaftlicher Erkenntnisse und der Fokussierung auf konkretere Fragestellungen ist allerdings auch damit zu rechnen, dass weitere Ungewissheiten erkennbar werden.    


Auf dem gesamten Entsorgungspfad nehmen Ungewissheiten eine wichtige Rolle im Safety Case ein. Die Vielfalt der Ungewissheiten, die im Safety Case zu betrachten sind, ist über den gesamten Bewertungszeitraum groß. Der TRANSENS-Bericht «Ungewissheiten im Safety Case» beruht auf einer Analyse von Fachliteratur zu Ungewissheiten im Safety Case und verwandten Themen. Der Bericht stützt sich auf Empfehlungen der International Atomic Energy Agency (IAEA) und der Nu-clear Energy Agency (NEA) der OECD. Zu rechtlichen und behördlichen Vorgaben in Deutschland, Finnland und der Schweiz werden regelmäßig Bezüge hergestellt. Als Beispiele für Safety Cases werden vor allem die «Vorläufige Sicherheitsanalyse Gorleben» und der Safety Case für das Endlager ONKALO für hochradioaktive Abfälle in Finnland beigezogen. 


Die Literaturstudie zielt darauf ab, sich den unterschiedlichen Ungewissheiten im Safety Case aus einer breiten interdisziplinären Perspektive anzunähern. Der Vorteil dieser Vorgehensweise liegt im ganzheitlichen Blick auf die Ungewissheiten im Safety Case und darin, dass der eine oder andere Aspekt auf neue Art und Weise ausgeleuchtet werden kann. Ein Nachteil besteht darin, dass viele Überlegungen grundsätzlicher Natur sind und keine der disziplinären Sichtweisen, zum Beispiel aus Ethik, Geologie, Organisationspsychologie oder Kerntechnik, vertieft wird. Insbesondere wird nicht vertieft auf mathematische Verfahren zum Umgang mit Ungewissheiten eingegangen. 

Zum Bericht

Forschungsergebnisse aus TRANSENS werden in erster Linie in wissenschaftlichen Fachzeitschriften und in Buchform publiziert. Eine Ergänzung dazu stellen die TRANSENS-Berichte dar. Hier werden Ergebnisse unserer Forschung veröffentlicht, das heißt disziplinäre und interdisziplinäre Beiträge, die den Weg zu transdisziplinärer Forschung ebnen, Ergebnisse dieser transdisziplinären Forschung sowie fachliche Beiträge, die durch transdisziplinäre Experimente angestoßen wurden.

TRANSENS lebt von der Diversität der Beiträge von unterschiedlichen Personen und aus unterschiedlichen Kontexten. Die Berichte geben die Meinung ihrer Autoren und Autorinnen wieder.

 

Stv. TRANSENS Sprecherin: Dr. Anne Eckhardt (risicare GmbH)

DOI: 10.21268/20210412-0

TRANSENS-Bericht Nr. 1

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